mit Moritz Pohle Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Die Zusammenfassung dient als Orientierung über das gesprochene Wort im Podcast, ersetzt ihn aber nicht und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und die schriftlichen Antworten sind nicht im Duktus meiner Gäste gehalten. Es zählt nur das gesprochene Wort im Podcast.
Bank- und Kapitalmarktrecht? 0:34
Jede*r der Rechtsanwalt*in ist, kann auch eine Fachrichtung dazu erlernen. Beispielsweise Strafrecht, Familienrecht, Mietrecht oder wie in meinem Fall Bank- und Kapitalmarktrecht.
Hast Du es mit Straftätern zu tun? 1:06
Nee, nicht, dass ich wüsste. Ich bin im Zivilrecht tätig. Grob gesagt kann man zwischen Zivilrecht und Öffentliche Recht unterscheiden. Öffentliches Recht ist das Verhältnis zwischen Staat und Bürger. Bsp: Wenn ich ein Haus bauen will, brauche ich eine Genehmigung. Also Bürger-Staat Verhältnis. Ebenso wenn ich Straftaten begehe, verstoße ich gegen Staatsregeln. Büger-Staat Verhältnis. Im Zivilrecht ist es das Verhältnis unter den Personen. Es gibt natürliche Personen, wie Du und ich. Und juristische Personen wie Firmen. Das regelt das Zivilrecht/Privatrecht (im Prinzip Synonym).
Habe ich damit was zu tun? 2:10
Ja, sehr viel. Alleine der Brötchenverkauf, das sind grob drei Verträge. Geäußerte Kaufabsicht: Kaufvertrag. Wenn die Bäckerei Dir die Brötchen übergibt, ist das ein Übereignungsvertrag und damit erwirbst Du Eigentum am Brötchen und mit der Übergabe des Geldes erwirbt sie Eigentum an den Geldstücken. Einfacher Vorgang, aber komplex im Hintergrund. Zivilrecht im Alltag.
Okay. Beispiel: Ich möchte drei Laugenteile. Bäckerei sagt: Gerne. Aber es gibt nur noch zwei Laugenteile im Korb. Was dann? 3:05
Dann wird es schwierig beim Erfüllung. Es gibt den Gattungskauf und den Stückkauf. Gattungskauf heißt: Diese Art von Brötchen, mittlerer Art und Güte. Ist ja egal welche Brötchen das genau sind. Ob das jetzt das linke oder rechte davon ist, ist es egal. Gattungskauf eben. In dem Fall kann sie den Vertrag erfüllen, wenn sie beispielsweise zur Konkurrenz geht und dort einkauft. Auch wenn sie dort mehr bezahlt. Beim Brötchenkauf vielleicht übertrieben, aber beim Autokauf lässt man es eventuell drauf ankommen. Anders beim Stückkauf. Beim Kunsthandel geht es ja ums konkrete Werk. Da ist man nicht mit einem Ersatz zufrieden. Da wird es dann komplizierter mit dem Ausgleich. Da kommt es dann auf das Zivilrecht an.
Was gehört typischerweise zum Zivilrecht? 4:40
Großes Feld! Mietrecht, Erbrecht, Arbeitsrecht, Darlehensvertragsrecht, Kaufrecht, Sachenrecht, etc. Beispiel: Die Bank berät jemandem beim Thema Geldanlage. Die Tipps der Bank stellen sich im Nachhinein als Flop heraus. Das Risiko sei nicht gut genug aufgeklärt gewesen. Dann kann es sein, dass darüber gestritten wird. Zivilrechtlich. Das ist dann meine Fachrichtung.
Arbeitsrecht: Wenn ich Angestellter beim Staat bin, was ist es dann? Zivilrecht? Öffentliches Recht? 6:08
Kommt darauf an. Als Beamter: öffentliches Recht. Als Angestellter: Mischung. Der Staat kann sich auch privatrechtlich verhalten. Als Veranstalter der Band, Catering oder dergleichen beauftragt. Wenn ich ein Haus bauen will: Staat-Bürger-Verhältnis. Öffentliches Recht. Wenn die Stadt mich als Anwalt beauftragt, dann: Juristische Person und natürliche Person Verhältnis. Zivilrecht.
Es gibt ja Geldstrafen. Hat das was mit Zivilrecht zu tun? 7:30
Nee, das Zivilrecht hat mit Strafen nichts zu tun. Wir sprechen von Ansprüchen. Es gibt freiwillige Sachen wie die Vertraggstrafe. Beispielsweise Verschwiegenheitsklausel. Betriebsgeheimnisse müssen Geheimnisse bleiben. Wenn Du die ausplapperst, dann habe ich zwar Schadenersatzansprüche, aber die sind schwer durchsetzbar. Daher vereinbart man eine Vertragsstrafe bei Plappern. Also: Wenn Du plapperst, musst Du zahlen. Ist eine freiwillige und unter Personen getroffene Vereinbarung. Man kann in Verträge alles Mögliche reinschreiben. Nicht alles geht. Was geht und typisch ist: Wenn jemand beispielsweise Top-Ingenieurin bei Mercedes ist, dann kann man ein Nachvertragliches-Wettbewerbsverbot ausmachen. Dann vereinbart man z.B. 50% Gehalt, obwohl sie nicht mehr dort arbeitet, dafür darf sie nicht bei der Konkurrenz arbeiten. Das hat den Hintergrund, dass das Wissen nicht einfach von einer Firma in die nächste fließen soll. Aber was nicht geht ist immer dann, wenn Sittenwidrigkeit vorliegt. Wenn ein Vertrag gegen die guten Sitten verstößt, beispielsweise Brötchenstückpreis von 5000€. Das ist Wucher. Dann ist selbst der unterschriebene Vertrag nichtig, wenn ich es anfechte.
Es gibt keine Strafen im Zivilrecht? Angenommen ich ziehe ein Unternehmen mit Äußerungen in den Dreck. Was dann? 10:55
Da hast Du vermutlich zwei Probleme. Du schadest dem guten Ruf der Firma. Das kann hohe Schadenersatzgelder nach sich ziehen. Aber das ist keine Strafe, nur Ausgleich des entstanden Schadens durch den Verursacher. Aber bei Deinem Fall kann noch hinzukommen, dass vielleicht die Staatsanwaltschaft Verleumdung in den Äußerungen erkennt. Dann kann es ggfs on top noch eine Strafe geben. Diese Strafe, wenn es Geld ist, bekommt dann aber der Staat.
Wie regelt man das? Vor Gericht? 13:45
Ja. Auch wenn wir einen glasklaren Anspruch haben, durchsetzen dürfen wir ihn nicht. Also einfach an die Kasse gehen und Geld herausnehmen. Wir müssen das die Staatsgewalt regeln lassen.
Wie ist so ein Gericht besetzt? 15:45
Es gibt keine Staatsanwälte. Manchmal gibt es Laienrichter die sich mit Handel gut auskennen, aber in der Regel sitzt da nur ein*e Richter*in.
Wie lange geht so ein Verfahren? 16:28
In meiner Branche geht es so pro Instanz rund 9 bis 12 Monate. Normaler Zivilrechtsprozess geht schon mind. 9 Monate.
Im Strafrecht erwarten mich Geldstrafen oder Freiheitstrafen oder Auflagen. Im Zivilrecht? 17:02
Im Endeffekt gibt’s keine Strafen. Es geht immer ums Geld. Bei Scheidungen wird es auch mal emotional und es geht um ideelle Werte. Da ist auch Moderation von großer Hilfe.
Gibt es eine Unschuldsvermutung oder im Zweifel für den Angeklagten? 17:50
Das sind Strafrechtsbegriffe. Es ist ähnlich, aber die Begriffe sind nicht gleich. Man muss dem Beklagten nachweisen, dass er zahlen muss. Ansonsten wird es nix. Bisschen ähnlich ist es also.
Musst Du BWL oder VWL können? 19:12
Ja, also betriebswirtschaftliches Wissen und wirtschaftliche Zusammenhänge begreifen. Also man muss keine Ausbildung in der Richtung gemacht haben. Ist aber von Vorteil.
Moritz, Danke für das Gespräch. Bei weiteren Fragen: Schreibt uns: fionn@achdeswegen.de
Danke Lotta John für die Unterstützung beim Dreh und die Making Of Fotos: https://www.instagram.com/lotta_john/